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Dr. Waltraud Kreidl, Msgr. Mag. Helmut Schüller, Dr. Jussuf Windischer, sowie Bewohner des Integrationshauses

"Randgruppen, Umgang mit dem Anderen – oder wo sind unsere Grenzen?"

Am 28.05.2002 im Integrationshaus Innsbruck

Die Vortragenden schildern ihre reichhaltigen Erfahrungen aus dem Randbereich der Gesellschaft. Der Abend gestaltet sich zu einem bunten Treffen. Außenseiter und Randgruppen werden durch Gesellschaft aktiv konstruiert und definiert. Die Normen sind abhängig von Ort, Zeit und sozialen Schichten. Personen, die nicht konform mit dem Wertsystem der Gesellschaft stehen, werden an den Rand gedrängt.

Die wichtigsten Normen, die bei Abweichung sanktioniert werden, sind die Normen der Arbeit und der Sexualität. Über die aktuellen abweichenden Merkmale hinaus wird den Ausgegrenzten ein Übermaß an Negativem zugeschrieben. Der Weg zum Sündenbock ist gebahnt. Daß die Ausgegrenzten sehr wohl die gesellschaftlichen Werte respektieren, diese (z.B. Arbeit) aber nicht erreichen können, bleibt unhinterfragt. Rand und Mitte sind relative Begriffe. Die gesellschaftliche Mitte scheint durch die Tatsache definiert, daß dies der Ort in der Gesellschaft ist, von dem aus man am besten die ökonomischen Güter erreicht. Außenseitertum als ökonomische Begleiterscheinung. Die Mitte geht gegen den Rand oft sehr radikal vor. Diese Radikalität entsteht oft aus der Angst, dass jeden einzelnen weniger von den Außenseitern trennt, als oftmals eingestanden wird. Der Weg an den Rand ist kürzer, als man glaubt. Die Außenseiter als Mahnmal für ein drohendes Schicksal.

Die schärfste Waffe der Gesellschaft im Umgang mit Randgruppen ist Ausgrenzung durch Gefängnisse und Psychiatrien. Leicht werden sie zur Disziplinierung und Normierung mißbraucht. Doch selbst von solchen Motiven freie Institutionen laufen Gefahr, sich hinter Strukturen und Konzepten zu verstecken. Die persönliche Begegnung droht auf der Strecke zu bleiben. Es scheint, als müßten die Menschen zu den Programmen passen. Gelegentlich wird in der Randgruppenarbeit versucht, das Problem abzuschaffen, ohne sich mit den betreffenden Personen auseinanderzusetzen. Eine Falle am „Weg des Helfens“. Der Distanzierung von den Betroffenen unter dem Deckmantel der Professionalität kann nur durch ein hohes Maß an Reflexion entgegengewirkt werden.